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Therapy-Slang: Autismus

| Allgemeines, Führungskräfte, Mitarbeiter,

 

Wie oft kommt es vor, dass Menschen, die nicht so gesellig sind, die sich im professionellen Kontext vom sozialen Trubel wie Teamevents, langwierigen Besprechungen, dem Austausch von Befindlichkeiten abgrenzen und die vielleicht auch die Kunst des deutlichen Neinsagens bei Hilfegesuchen beherrschen, als „völlige Autisten“ bezeichnet werden? Oder einer Führungskraft, die sich nicht durch ein besonders empathisches Verhalten auszeichnet, Gefühlskälte und Rücksichtslosigkeit attestiert wird. Oft fällt in diesem Zusammenhang auch noch schnell die Zuschreibung des „Soziopathen“.

 

Menschen, die uns in der beschriebenen Weise begegnen, treffen auf Unverständnis. Sie irritieren durch ihre Zurückweisung. Ihre abweisende Haltung kollidiert mit unserer Erwartung eines sozial erwünschten Benehmens. Doch sind diese Menschen deswegen Autisten? Haben sie also eine psychische Beeinträchtigung?

 

Daniel Breutmann, EAP-Berater bei INSITE, erläutert in diesem Beitrag die wirkliche Bedeutung des Begriffs & die Symptomatik von „Autismus“.

 

„Autismus ist ein Thema, welches immer wieder Unsicherheiten hervorruft. In meiner Arbeit als EAP-Berater begegnet mir dieses Thema immer wieder an unterschiedlichen Stellen. Da gibt es in Paarberatungen (meistens) Partnerinnen, die ihrem Partner aufgrund dessen geringere Emotionalität vorwerfen. Oder Klientinnen und Klienten sind auf der Suche nach Gründen, warum ihnen soziale Kontexte so schwer fallen. Autismus ist dabei eine schnelle Antwort. Schnelle Antworten sind aber nicht unbedingt die richtigen und dann auch nicht hilfreich. Neben persönlichen Unterschieden spielen auch situative Einflüsse eine Rolle bei unseren Verhaltensweisen, Gefühlen und Gedanken. In der Beratung können wir nach individuellen Lösungsansätzen für die vorgefundene Problematik, anstatt generellen Charakterzuschreibungen, suchen.“, so Daniel Breutmann.

 

 

Autismus ist eine angeborene, tiefgreifende Entwicklungsstörung des zentralen Nervensystems, welche die Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung im Gehirn beeinflusst. Autismus ist keine Behinderung, sondern nach den Diagnosekriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine psychische Störung mit vielen Ausprägungen. Mediziner fassen die verschiedenen Ausprägungen und Schweregrade unter "Autismus-Spektrum-Störungen" zusammen.[1] Der Beginn liegt in der frühen Kindheit.

 

Die Symptome der Störung und das oben beschrieben Verhalten bilden eine Schnittmenge, dass soziale und emotionale Signale nur schwer verstanden werden. Die Reaktionen auf Gefühle anderer Menschen oder Verhaltensanpassungen an soziale Situationen sind selten angemessen. Vielleicht hilft es uns, ein Verständnis zu entwickeln, wenn wir soziales Verhalten, das Decodieren von Gesichtsausdrücken, Gesten und Berührungen mit einer Fremdsprache vergleichen, mit deren Erlernen sich Autisten schwer tun.

Oft sind Menschen mit der Diagnose Autismus in den Bereichen Kreativität, Spontanität und Entscheidungskompetenz eingeschränkt. Darüber hinaus neigen sie häufig zu weiteren psychischen Störungen, wie übergroßen Ängste, Phobien, Schlaf- und Essstörungen sowie herausforderndem Verhalten in Form von Wutausbrüchen und sogar fremd- oder selbstverletzenden Handlungen.

 

Die Entwicklungsstörung Autismus ist sehr vielschichtig und äußerst komplex. Trotz umfangreicher Forschungsergebnisse gibt es noch keine abschließende Erklärung, die die Entstehungsursachen autistischer Störungen belegt.[2]

 

Autismus ist nicht heilbar. Die Störung begleitet Betroffene trotz Therapie ihr Leben lang und schränkt sie mehr oder weniger in ihrem Sozialleben ein. Dennoch kann eine Therapie bei Autismus viel bewirken. Welche Maßnahmen zur Therapie zum Einsatz kommen, richtet sich danach, um welche Autismus-Spektrum-Störung es sich handelt. Darüber hinaus spielen aber auch persönliche Stärken der Betroffenen eine Rolle.

 

Um mit anderen Menschen eine Beziehung aufzubauen und Regeln der zwischenmenschlichen Kommunikation zu erlernen, nimmt die Verhaltenstherapie eine wichtige Rolle ein. Aber auch kreative Verfahren wie Musik-, Ergo-, Logo-, Reit- und Kunsttherapie können zum Einsatz kommen.

 

Abschließend sei deutlich formuliert: Autismus ist in seinem Krankheits- und Symptomspektrum breitgefächert. Das heißt jedoch nicht, dass jede Introvertiertheit, emotionale Zurückhaltung oder situationsbedingte Gefühlskälte auch gleich diesem Krankheitsbild entspricht.

 

Bedienen wir uns dieser falschen Zuschreibungen, sollten wir uns vergegenwärtigen, dass wir es sind, die empathielos und gefühlskalt handeln.

 


[1]

www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/kinder-jugendpsychiatrie-psychosomatik-und-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/autismus-spektrum-stoerung-ass/stoerungsbild/

[2]

www.planet-wissen.de/natur/forschung/hirnforschung/pwieautismusderblindespiegel100.html