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Corona & EAP: ärztliche Gesundheitsberatung

Welche Fragen bewegen Mitarbeiter in der EAP-Beratung?

| Allgemeines, Mitarbeiter,

Seit über fünf Jahren gehört die telefonische Beratung zu medizinischen Themen zum Leistungsangebot des EAP von INSITE. Das EAP (Externe Mitarbeiterberatung) ermöglicht es den Beschäftigten unserer Kundenunternehmen, zeitnah und individuell ihre eigene Situation mit einem Experten durchzugehen.

Wir sprechen mit Dr. Christoph-Gérard Stein, beratender Arzt und Systemischer Coach, über Fragen, die in der EAP-Beratung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auftreten.

Dr. Stein, die aktuelle Situation stellt für viele eine Herausforderung dar. Merken Sie derzeit eine erhöhte Nachfrage? Und mit welchen Themen werden Sie konfrontiert?

Ja, die Anfragen haben gerade zu Beginn der Corona-Krise stark zugenommen. Derzeit merkt man allerdings, dass die Leute etwas „gesättigt“ sind und sich durch die Medien gut informiert fühlen, z. B. über die allgemeinen Verhaltensregeln. Fragestellungen zu Hygiene und Verhaltensweisen haben also abgenommen. Allerdings merke ich weiterhin eine Verunsicherung in Bezug auf die individuelle Konstellation der Betroffenen. Einige Fragen tauchen erst auf, wenn wir im Gespräch die persönliche Situation reflektieren.

Können Sie hierzu ein Beispiel geben?

Eine werdende Mutter hatte Fragen zur Schwangerschaft. Während des Telefonates sind wir auf Vorsorgeuntersuchungen zu sprechen gekommen. In Bezug auf mögliche Risiken haben wir dann besprochen, ob die Ultraschall-Untersuchungen derzeit Sinn machen, da dies bedeutet, dass man sich in eine möglicherweise überfüllte Arztpraxis setzen muss. Und dadurch eben auch mit Personen in Kontakt kommt, die das Virus verbreiten könnten.

Patienten vermeiden also Arztbesuche, da sie Angst vor Ansteckung haben. Was empfehlen Sie diesen Personen?

Meine klare Empfehlung lautet, zunächst in der Praxis anzurufen und Rücksprache zu halten. Viele Arztpraxen sind mittlerweile gut auf die aktuelle Situation eingestellt, es gibt kaum überfüllte Wartezimmer. In jedem Fall würde ich am Telefon das Anliegen schildern und mit dem Arzt absprechen, was sinnvoll ist.
Gerade bei akuten Symptomen ist es nicht empfehlenswert, den Arztbesuch vor lauter Sorge einer Ansteckung auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Und hiermit meine ich nicht zwingend Symptome, die mit einer Covid-19-Erkrankung zu tun haben könnten. Gerade letzte Woche ging durch die Presse, dass sich Herzinfarkt-Patienten derzeit nicht zum Arzt trauen.

Also lieber anrufen und nicht auf den Arztbesuch verzichten. Aber gilt dies auch für Risikopatienten?

Auf jeden Fall! Einige Ärzte bieten z. B. feste Termin speziell für Risikopatienten an. Generell halten sich Ärzte an die Vorkehrungen, aber achten hier besonders nochmal auf den Abstand und die Kontaktvermeidung. Diese Maßnahmen sind für Risikogruppen und deren Angehörige ja bereits auch im Alltag sehr wichtig.

Was aber auch bedeuten kann, dass Personen, die besonders gefährdet sind, kaum noch Kontakt haben. Die Betroffenen leiden oft sehr unter dem Kontaktabbruch und der fehlenden Nähe. Was empfehlen Sie hier?

Die allgemeine Aussage ist, Kontakt vermeiden, wenn er sich vermeiden lässt. Dies hängt allerdings zusätzlich sehr von der individuellen Situation ab, beispielsweise Eckdaten wie: leben die Personen in einer Familiengemeinschaft in einem Haus, ggf. sogar im gleichen Haushalt? Wie ist die Versorgungssituation? Wer hat sonst noch Kontakt? Welche Alternativen sind hier möglich? Nicht jeder kann gut mit Videotelefonie umgehen. Hier gilt es also, eine gute Balance zwischen Kontakt und Vorsicht zu entwickeln.

In der EAP-Beratung gehe ich diese Punkte mit den Betroffenen detailliert durch und wir besprechen mögliche Szenarien.

Sie nehmen hier also Bezug auf medizinische Fragestellungen, aber auch auf die psychische Gesundheit?

Ja, es ist sehr wichtig hier mehrere Aspekte zu berücksichtigen. Einerseits gilt es, Vorerkrankungen zu beachten. Empfehlungen hierzu kann man beispielsweise auch über die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) beziehen, oder über das Robert-Koch-Institut.

Andererseits wissen wir, dass Körperkontakt für die menschliche Psyche nicht ganz unwichtig ist. Je länger diese Krise andauert und damit auf Kontakt verzichtet wird, desto schwieriger wird es. Und, wie oben schon erwähnt, kann sich nicht jeder per Video mit Freunden oder Angehörigen unterhalten. Hierdurch können sich Stimmungstiefs entwickeln und ggf. sogar Depressionen entstehen lassen oder verschlimmern.

Was können Sie bei starken psychischen Belastungen empfehlen?

Es gibt Menschen, die gerade jetzt professionell psychologisch aufgefangen und begleitet werden müssen. Im Rahmen der EAP-Beratung verweise ich hier oft auf die Psychotherapeuten-Suche von INSITE. Denn die Therapien laufen weiter – trotz und gerade wegen Corona.

Aber auch für Menschen, die diesen Service nicht haben, gibt es derzeit viele tolle Angebote zur Unterstützung, beispielsweise Angebote, die auf der Seite der Deutschen Depressionshilfe zusammengefasst werden

Sie selbst sind nicht nur Arzt, sondern auch Systemischer Coach. Welche allgemeinen Empfehlungen können Sie derzeit geben?

Lassen Sie sich nicht verunsichern, verlassen Sie sich auf seriöse Quellen, wenn Sie sich informieren wollen. Aber verzichten Sie auch bewusst darauf, sich den ganzen Tag mit dem Thema Corona zu beschäftigen. Dies hilft nicht, sondern verstärkt oft nur das Ohnmachtsgefühl.

Zusätzlich kann man seiner Psyche und auch seinem Körper etwas Gutes tun, wenn man sich an der frischen Luft bewegt – spazieren geht, oder auch etwas Sport macht. Es tut gut, sich ab und an auszupowern, hilft unserem Immunsystem und reduziert Stress. Aber auch hier gilt: überfordern Sie sich nicht, gehen Sie es langsam und in einem gesunden Maße an.

Vielen Dank für das Interview!

 

Unsere allgemeinen Empfehlungen zu Hygiene, Umgang und Informationsverhalten bezüglich der Corona-Pandemie finden Sie hier.


Weitere Links:

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html

https://www.dgho.de/publikationen/stellungnahmen/gute-aerztliche-praxis/coronavirus